Reinhold und ich erwandern heuer den VIGILIUS-WEG. Es ist dies ein Weitwanderweg, der von der Bergstation der Seilbahn Vigiljoch bis in die Ortschaft Vela ausserhalb der Stadt Trient verläuft. Die Gesamtstrecke misst ca. 110 km und im Auf- und Abstieg sind an die 6.000 Höhenmeter zu bewältigen. Der Weg beginnt in Südtirol und überschreitet am dritten Tag die Provinzgrenze ins Trentino. Ein Großteil des Vigilius-Weges zieht sich durch die relativ unbekannt, sehr eigene und vor allem sehr ruhige Mittelgebirgslandschaft des Nonstales. Es ist dies ein relativ einfach zu begehender Weitwanderweg, der jedoch eine gute Kondition verlangt, so ist dies in der Ankündigung zu lesen.
Der aufschlussreiche Bericht und die schöne Filmdokumentation von Karin Duregger im Sender Bozen animiert Reinhold und mich, diesen Weitwanderweg zu gehen.
Der Vigilius-Weg folgt den Spuren des BISCHOFS VIGILIUS von Trient, der um 355 geboren und vermutlich um 405 im Trentiner Rendenatal zu Tode kam. Zahlreiche Kirchen und Bergkapellen, wie auch das Kirchlein am Vigiljoch - Nordgrenze des Bistums Trient - tragen heute noch seinen Namen. Beigesetzt wurde Vigilius in der von ihm erbauten Kathedrale von Trient. Er ist auch der Patron der Bergwerke.
Man startet am Vigiljocher Kirchlein, kehrt im Wallfahrtsort Unsere Liebe Frau im Walde ein, geht am Kloster San Romedio vorbei und steigt am Ende der Tour über die Via Vili ab, die in etwa dem Weg folgt, den Bischof Vigilius von Trient in das Rendena-Tal genommen hat, wo er dann zu Tode gesteinigt wurde. Dies ist alles nachzulesen in der Wegbeschreibung Christjan Ladurner, sowie auch in den Notizen zu den einzelnen Tagesetappen.
1. Etappe - VIGILJOCH - PAWIGL - ST. PANKRAZ - GAMPENPASS - UNSERE LIEBE FRAU IM WALDE
Dienstag, 08.06.2021
Reinhold und ich fahren in aller Herrgottsfrühe mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Zug, Bus und Seilbahn) auf das Vigiljoch und starten dort um 9.30 Uhr unsere 1. Etappe auf dem Pilgerweg nach Trient. Wir planen momentan den Weitwanderweg bis nach Mezzocorona und begeben uns zu einem späteren Zeitpunkt auf die letzten zwei Etappen.
Wir starten auf dem höchsten Punkt dieses Pilgerweges und zwar auf 1.800 m am Vigiljoch beim Vigiliuskirchlein. Wir gehen abwärts nach Pawigl, teils auf rutschigem Untergrund (Rutschpartie!) zur Bergstation der Pawigler Seilbahn, die uns bis ins Tal auf die Hauptstraße nach Ulten bringt. Wir warten eine Weile auf den Bus nach St. Pankraz und machen dort Mittagsrast. Danach beginnt ein steiler und mühevoller Anstieg zum Platzerer Jöchl auf 1.570 m, vorbei an der Hofschänke "Pfrolln", teils durch Wiesen- und Waldwege gehend. Nun geht es Richtung Gampenpass, auch ein Stück des Weges auf der Passstraße pilgernd. Über den Schöpfungsweg gelangen wir nach einem anstrengendem Wandertag zum Wallfahrtsort Unsere Liebe Frau im Walde, wo wir sogleich in die Kirche gehen, bevor wir unser Nachtquartier "Gasthof Zur Sonne" aufsuchen. Ein verdientes erstes warmes Essen ist bekömmlich und tut uns beiden gut.
1.100 m im Auf- u.Abstieg - 21 km - 6 1/4 St.
Unsere Liebe Frau im Walde in Deutschnonsberg ist ein bekannter Wallfahrtsort nahe dem Gampenpass. Die Kirche selbst wurde im 15. Jahrhundert erbaut und enthält ausserdem noch einen verglasten Rokokoschrein mit dem Gnadenbild Maria mit dem Kinde.
2. Etappe: UNSERE LIEBE FRAU IM WALDE - ST. FELIX - FONDO
Mittwoch, 09.06.2021
Wir starten um 9.00 Uhr in Unsere Liebe Frau im Walde, gelangen über St. Felix aufwärts zum idyllischen und schön gelegenen Felixer Weiher. Einen kurzen Abstecher zur Felixer Alm ist uns vergönnt; wir essen dort zu Mittag. Beim Weitermarsch, zuerst am Felixer Weiher entlang (Provinzgrenze zu Trient), dann abwärts durch schöne Lerchenwiesen, mit herrlicher Blüte, gelangen wir zur Fondo Alm. Über die Forst- und Asphaltstraße erreichen wir zuerst ein großes Holzlager und danach den Smeraldo See. Nachdem es bereits leicht regnet, kehren wir an dem am See gelegenen Gasthaus ein, stillen unseren Durst und warten ab, bis der jetzt stark einsetzende Regenguss vorbei ist.
Am Ende des Seees steigen wir über eine Metallstiege in die imposante Sass-Schlucht ab. Durch die Schlucht auswärts wandernd erreichen wir den Hauptplatz in Fondo, wo eine große, wasserbetriebene Uhr steht.
Wir warten dort auf den Bus, der uns zurück nach Unsere Liebe Frau im Walde bringt, weil dort für uns für zwei Nächte reserviert ist.
550 m im Aufstieg - 950 m Abstieg - 17,5 km - 5 1/2 St. (immer reine Gehzeit)
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3. Etappe: FONDO - SAN ROMEDIO - SFRUZ
Donnerstag, 10.06.2021
Mit dem Bus geht es nach dem Frühstück von Unsere Liebe Frau im Walde nach Fondo, unserem gestrigen Etappenziel.
Vom Dorfplatz wandern wir auf asphaltiertem Fahrradweg durch Felder, vorbei an Dörfern und dem Golfplatz "Dolomiti", teils auch auf dem Pilgerweg "San Romedio", bis nach Romeno. Weiter geht es wieder auf dem Radweg Richtung Salter bis zur Markierung des Steiges Nr. 535, der auf rutschigem Grund steil abwärts führt in eine malerische Klamm zum Wegschild San Romedio.
Nach einem kurzen Anstieg erreichen wir den bekannten Wallfahrtsort San Romedio. Wir besichtigen das Kloster und steigen empor bis zum höchsten Aussichtspunkt. Auch ein kurzes Gebet in der Kapelle darf nicht fehlen und natürlich auch die obligaten Fotos.
Im Freien erblicken wir den Braunbär im Gehege, dessen Anblick uns zum Glück unterwegs erspart bleibt.
Nach einem Erfrischungsgetränk gehen wir weiter und gelangen zum Tavon-See. Nun dem Wegschild Samarano, Tres - SF folgend, zum Teil recht steil aufwärts, einem schönen Aussichtspunkt entgegen und auf einem ebenen Panoramaweg oberhalb des Seees von Tavon, zu den Ortschaften Smarano und Coredo pilgernd. Unser heutiges Endziel heißt Sfruz und wir gelangen geradeaus zum Garni "Le Maddalene", wo wir uns einquartieren. Gütigerweise bekommen wir dort auch ein Abendessen.
450 m im Auf- u.Abstieg - 17,5 km - 5 1/4 St.
Das kleine KLOSTER SAN ROMEDIO liegt in einem Tälchen in der Nähe von Sanzeno auf dem Gemeindegebiet von Predaia im Nonstal.
Die Wallfahrtskirche und Kultstätte S. Romedio ist mit Sicherheit eine der charakteristischen Wallfahrtsorte nicht nur des Trentino, sondern ganz Europas. Der Wallfahrtsort erhebt sich auf einem 70 m hohen Kalkfelsen und besteht aus mehreren Kirchen und Kapellen, die sich der Felsenform anpassen. Die gesamte Struktur ist durch eine steile Treppe mit 131 Stufen verbunden. Die älteste Kirche wurde bereits um das Jahr 1000 auf dem Grab des Hl. Romedius errichtet.
Dieser zauberhafte und spirituelle Ort ist somit rund um die Figur des Hl. Romedius entstanden. Es gibt einige Legenden um den Eremiten Romedius, die wohl bekannteste ist jene mit dem Bären.
Heute ist die Wallfahrtskirche San Romedio eine beliebte Pilgerstätte und wird jährlich von über 200.000 Menschen besucht.
4. Etappe: SFRUZ - TRES - VERVÓ - VIGO DI TON
Freitag, 11.06.2021
Der Hahnenschrei vom nahegelegenen Bauernhof weckt uns schon zeitig.
Nach dem Frühstück beginnt die Wanderung in Sfruz. Wir gehen nicht den vorgezeigten Weg, sondern nehmen eine Variante, die uns der Chef des Garnis "Le Maddalene" empfiehlt und durch den Wald in Richtung Vervò führt. Der Weg nach Vigo di Ton führt über eine Naturstraße, ist beschildert und als SF markiert. Er führt am Rande der Bergwiesen der Alm Vervò entlang und verschwindet dann wieder im Wald. Reinhold und ich machen aussertourlich noch den Weg zur Vervò Alm, verlängern dadurch unsere Wanderung und machen dort Mittagsrast.
Vor Vigo di Ton gehen wir den kurzen Umweg über Castel Thun und besichtigen das Schloss. Nun ist es nicht mehr weit zu unserem Etappenziel Vigo di Ton. Ein Ortsansässiger ist uns behilflich bei der Suche nach einer Unterkunft, da in dieser Ortschaft nur Bed-and-Breakfast-Möglichkeiten angeboten werden und zum Teil noch geschlossen sind. In seinem Auto fährt er uns zum "B & B Pradalares", etwas ausserhalb von Vigo, wo wir herzlich empfangen werden.
Das Abendessen wird uns in einem nahegelegenen Restaurant serviert.
450 m im Aufstieg - 1.000 m Abstieg - 19,5 km - 5 1/4 St.
Das CASTEL THUN befindet sich nahe dem Ort Ton im Nonstal. Der gotische Baustil prägt die militärisch und zivil genutzte Anlage, die heute einen Teil des Trentiner Landesmuseums beheimatet.
Es wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut und war Sitz der mächtigen Familie Thun bis ins 20. Jahrhundert. Im Jahre 1992 wurde das Castel Thun von der Autonomen Provinz Trient erworben und nach aufwendigen Restaurierungsarbeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Das Schloss mit seinem großen architektonischen und historischen Wert verfügt über eine wertvolle Einrichtung, herrschaftliche Säle und Kammern, eine Waffensammlung und eine große Anzahl an Kachelöfen. Zudem gibt es eine herrlich grüne Parkanlage.
Vigo di Ton |
5. Etappe: VIGO DI TON - MEZZOCORONA
Samstag, 12.06.2021
Die heutige Etappe verlangt Ausdauer. Obwohl der Weg streckenmäßig nicht besonders lang ist, sind doch im Auf- und Abstieg gar einige Höhenmeter zu überwinden.
Der angenehme Gesang der Amsel in der Früh weckt uns auf und nach dem guten Frühstück bringt uns die Frau des Hauses gütigerweise zu unserem Ausgangspunkt in Vigo di Ton.
Dort beginnt der anstrengende Teil des Aufstieges zur Bodrina Alm auf 1.562 m. Man steigt ca. 1.000 Höhenmeter durch den Wald über einen urigen, steilen Steig, oder weniger steil, dafür umso länger, auf der Zufahrtsstraße auf, wo man dann freies Gelände erreicht. Der herrliche Ausblick über das gesamte Nonstal, die Brenta-, Adamello- und Maddalenengruppe entlohnt dafür. Die Almwiesen sind in voller Blüte, aber für das Weidevieh ist es noch zu früh.
Wir kehren in der Alm ein und stärken uns vor dem Abstieg Richtung Monte di Mezzocorona. Über eine etwas ausgesetzte, mit Stahlseilen versicherte Querung, die auch Trittsicherheit verlangt, erreicht man einen Aussichtspunkt mit Panoramablick auf das Etschtal, die Stadt Trient, dem Monte Bodone und die Lagoraigruppe.
Der Weiterweg führt bergab zum Baito degli Aiseli und über den Steig mit über 200 Stufen zum kleinen Bergweiler Monte di Mezzocorona. Dort besteigen wir die Seilbahn nach Mezzocorona und fahren mit dem Zug, wie bereits geplant, heimwärts.
Die letzten zwei Etappen bis Trient heben wir uns für einen späteren Zeitpunkt auf.
Noch eine Anmerkung zum Abschluss: die "Vigilius-Markierung" ist bis Fondo sehr gut, danach etwas lückenhaft, aber man hat ja die Beschreibung von Christjan Ladurner zu diesem Pilgerweg, die sehr ausführlich ist.
1.150 m im Aufstieg - 800 m Abstieg - 10 km - 4 1/2 St.
Mezzocorona |
6. Etappe: MEZZOLOMBARDO - VALLENE
Donnerstag, 22.07.2021 (Fortsetzung und Abschluss des Vigiliusweges)
Mit dem Zug starten Reinhold und ich um 5.45 Uhr in Olang und fahren nach Mezzocorona. Dort besteigen wir die Schmalspurbahn Trient - Malè und gelangen nach Mezzolombardo.
Am Friedhof dieses Ortes beginnt die Wanderung um 9.00 Uhr zum Hochplateau auf dem die Ortschaft Fai della Paganella liegt. Beim etwas steilen Aufstieg in Serpentinen durch das Val del Ri setzt ein kurzer Nieselregen ein und der steinige Untergrund wird etwas schlüpfrig. In Fai wird eine kurze Pause eingelegt, bevor wir zum höchsten Punkt der heutigen Wanderung gelangen, dem Passo del Santel auf 1.033 m (Stärkung); dort beginnen auch die Lifte auf die Paganella. Unterwegs stossen wir auf ein Schild mit dem Hinweis "Bärengebiet". Gott sei Dank sind wir keinem begegnet.
Über Pfade und entlang von Forstwegen steigt man in die Val Manara ab, vorbei am "Cros dei Francesi". Die Selbstversorgerhütte El Cason lassen wir links liegen und gelangen zum Aussichtspunkt Mulinel. Es ist nicht mehr weit zum Lago di Lamar, der schon ziemlich oft auf früheren Hinweisschildern vermerkt ist. Positiv anzumerken ist ausserdem, dass die Beschilderung gut ist, auch wieder mit dem Emblem "Via Vigilius".
Am grün schimmernden Lago di Lamar angekommen, sehen wir dort urlaubende Gäste, die den herrlichen See im Blickfeld haben. Wir legen den Rucksack ab, machen einige Fotos und stillen den Durst vor der nahegelegenen Bar. Nach dem heutigem anstrengenden Aufstieg von ca. 1.300 m haben wir uns ein Bier ehrlich verdient.
Nach einem kurzen Anstieg und einem weiteren Abstieg gelangen wir, vorbei an einem Campingplatz, zum heutigen Etappenziel Vallene. Reinhold hat bereits im Hotel "Le Vallene" die Unterkunft für eine Nacht reserviert. Während wir das reichliche Abendessen genießen, setzt ein starker Regenguss mit Blitz und Donner ein und wir sind froh, dass uns dieses Wetter nicht unterwegs ereilt hat.
Nachdem wir eine gewisse Müdigkeit verspüren, gehen wir nach dem Essen gleich ins Bett.
Diese Etappe ist auch als Königsetappe auf dem Vigiliusweg ausgewiesen mit einem Aufstieg von 1.450 m, einem Abstieg von 900 m bei einer Wegstrecke von 20 km und einer reinen Gehzeit von 7 Stunden.
7. Etappe: VALLENE - VELA BEI TRIENT
Freitag, 23.07.2021
Wir starten um 8.30 Uhr nach dem Frühstück, bei herrlichem Wetter, und folgen dem Steig Nr. 615 "Soprasasso" (800 m Meereshöhe), einer geschichtsträchtigen Erhebung hoch über Trient. Hier begegnet man mehreren restaurierten Kriegsstellungen aus dem Ersten Weltkrieg.
Der Weg führt vorbei an der "Baita Laura". Auf diesem Abschnitt, gegen das Etschtal hin, ist der Steig etwas ausgesetzt. Auf alten Militärpfaden geht es steil abwärts nach Vela, einem kleinen Vorort unweit von Trient und beenden dort unsere kürzeste Tagesetappe auf diesem Weitwanderweg.
Während dieser zwei Tage ist uns unterwegs nur 1 Wanderer und 1 Radfahrer begegnet und 2 Rehe, die uns in dieser Ruhe erschrecken. Auch die Grillen sind häufig zu hören und die Aussicht an diesen beiden Tagen lässt ein bischen zu Wünschen übrig; wir wandern viel durch Mischwald und Staudengewächsen.
In Vela essen wir zu Mittag und fahren anschließend mit dem Bus ins Stadtzentrum.
Wir besichtigen zum Abschluss unseres Pilgerweges den Dom von Trient, geweiht auf den Namen ST. VIGIL, wo auch eine Reliquie zu sehen ist. Vigilius ist einer der Patrone von Südtirol und des Trentino, wo er auch verehrt wird. Als Namensfest wird allgemein der 26. Juni begangen, Vigils vermutlicher Todestag.
Mit dem Zug geht es dann wieder heimwärts.
Ich danke Reinhold für die umsichtige und harmonische Begleitung während dieser 7 Tage und hoffe, dass er auch in Zukunft noch Zeit und Lust hat, mit mir ein neues "Projekt" in Angriff zu nehmen.
350 m im Aufstieg - 800 m Abstieg - 12 km - 4 1/4 St.
Insgesamte Strecke VIGILJOCH - TRIENT:
5.500 m im Aufstieg - 6.000 m Abstieg - 117,5 km - 38 St. reine Gehzeit