Donnerstag, 26. Mai 2011

Jakobswege in Südtirol

Nachdem ich den Jakobsweg INNICHEN - BRENNER bereits im Herbst 2009 gepilgert bin (siehe http://sigimapaul.blogspot.com/2009/12/jakobspilger-tagesetappen-bis-innsbruck.html) habe ich mir vorgenommen, den restlichen Teil in Südtirol heuer in Angriff zu nehmen und zwar BRIXEN - BOZEN - SALURN und BOZEN - MERAN - GLURNS - MÜSTAIR, beschrieben im Jakobsführer von Peter Lindenthal, von welchem ich auch gewisse kulturelle Beschreibungen wiedergegeben habe.

Mi, 24.11.10: Mühlbach - Brixen
Mit dem Zug bin ich an diesem Tage bis
Mühlbach gefahren und bin einen halben Tag nach Brixen gepilgert.
Auf dem "Stöcklvaterweg", vorbei an der Stöcklvaterkapelle (Wallfahrt vor allem an den Fastensonntagen) beginnt der Wanderweg nach Aicha. Vorher trifft man im Wald auf eine Wallfahrtskapelle. Über das Riggertal gelangt man zum Kloster Neustift, welches wenige Jahre nach der Gründung durch Bischof Hartmann (1142) abgebrannt ist und ab dem Jahre 1190 mit Basilika und Spitalskirche wieder aufgebaut wurde.
Das Endziel dieser halbtägigen Wanderung war die Bischofsstadt Brixen. Sie spielte in den früheren Jahrhunderten eine wichtige kirchliche Rolle; seine geistliche Macht reichte vom Bodensee bis zur Kärntner Grenze. Der Dom aus der Gründerzeit brannte 1174 ab, der heutige Dom zu St. Ingenuin, St. Albuin und St. Kassian wurde als prächtiger Barockbau geschaffen.
In Brixen bestieg ich den Zug und fuhr wieder nach Hause zurück.

Gehzeit: 3 St. (ca. 12 km).


Fr, 06.05.11: Brixen - Lengstein/Ritten
Start in Olang mit dem Zug um 6.15 Uhr und Ausstieg in Brixen um 7.30 Uhr.
Vom Bahnhof auf dem Gehsteig entlang der Hauptstraße erreichte ich nach kurzer Zeit den Gasthof  "Wirt an der Mahr", wo auch eine Gedenkstätte des Tiroler Freiheitskämpfers Peter Mayr ersichtlich ist.
Am Wanderweg Nr. 10 nach Feldthurns trifft man auf die Jakobskirche an der Mahr und nachdem sie offen war, bin ich zu einem Gebet kurz eingekehrt.
St. Jakob an der Mahr liegt an der alten Kaiserstraße und damit auch an der Route der Rom- und Jakobspilger.
Vor Tschötsch biegt der Weg nach links ab und am Wörmannhof vorbei erlebte ich einen Höhepunkt dieses Abschnittes: den von riesigen, uralten Kastanienbäumen gesäumten alten Weg, den sogenannten "Keschtnweg". An Feldthurns vorbei gelangte ich zum Ansitz "Moar zu Viersch" und über den Weiler Pardell zum Kloster Säben. Insgesamt vier Kirchen schmücken heute den Felsen, auf den ein jahrhundertealter, wunderbarer, gepflasterter Kreuzweg führt. Ziel der Wallfahrer war vor allem die Heiligkreuzkirche auf der höchsten Stelle des Felsens, in der auch ich eingekehrt bin und voller Eindrücke diese wieder verlassen habe.
Neben der Marienkapelle, wo ich ein Foto des Altarbildes gemacht habe, befindet sich auch die Liebfrauenkirche und an dieser vorbei gelangt man nach Klausen.
Ein Aufstieg über das Tinnebachtal zur St.-Anna-Kirche, am Sturmhof vorbei und wiederum auf dem Keschtnweg nach St. Moritz und über den Zargenbach  gelangt man nach Barbian. Es ist dies ein anstrengender, aber trotzdem lohnender Weg, weil er schattig und kurzweilig ist und auch um die Mittagszeit bei diesen warmen Temperaturen angenehm zum Wandern ist. Eine kurze Mittagsrast war auch angesagt und später ging es dann über Saubach zum Verena Kirchl und nach Lengstein am Ritten. Dort bin ich um 18.30 Uhr angekommen.

Die Kirche in Saubach ist den Heiligen Ingenuin und Albuin geweiht.
Das vom Eisacktal aus schon von weitem sichtbare Verena Kirchl hoch oben auf der Kuppe wird im Jahre 1256 erstmals erwähnt.
Die Pfarrkirche zur Hl. Ottilia in Lengstein dürfte schon zur Zeit, als Kaiser Barbarossa auf der alten Straße nach Süden zog, existiert haben (Erwähnung 1177). Die Hl. Ottilia ist die Patronin der Augenleidenden.

Entlang der Wiesen und Felder lauschte ich dem "Grillenkonzert" und gar einige Eidechsen erschreckten mich unterwegs. Die ersten Walderbeeren konnte ich an diesem Tag genießen.
Im Lengsteinerhof habe ich mein Nachtquartier bezogen und nach diesem langen Weg waren die Füße froh, dass sie rasten konnten. Es war dies einer der anstrengendsten Pilgertage bisher.
An diesem Tag habe ich ca. 1.200 Höhenmeter gemacht und nachdem ich den Schrittzähler bei mir hatte, war dort am Ende des Tages die Zahl 43.000 zu lesen.


Reine Gehzeit: 9 St. (ca. 32 km)


Sa, 07.05.11: Lengstein/Ritten - Bozen
Nach dem Frühstück um 8.00 Uhr bin ich von Lengstein zur Wallfahrtskirche "Maria Saal" gepilgert und zwar betend über die Kreuzwegstationen ab dem Roanhof. In dieser Wallfahrtskirche bin ich erst mit meinen Wanderkollegen/innen vor 14 Tagen gewesen und bin auch diesemal wieder vor dem Altar gestanden.
An den berühmten Rittner Erdpyramiden vorbei (die bis zu 30 m hohen Türme schützen sich mit einem Porphyr- oder Granitblock ab und stürzt dieser dann durch Erosion in die Tiefe, verschwindet bald auch die unter ihm entstandene Pyramide) über Lengmoos - dort fand an diesem Tag eine Jubiläumsschau der Haflinger Pferde mit Musikbegleitung statt - und dem ehemaligen Hospiz des Johanniterordens erreichte ich Klobenstein, Hauptort und Sitz der Gemeinde Ritten. Ab dort führte mich die Markierung 11 nach Siffian. An der anderen Talseite ist der Ort Völs am Schlern schön zu sehen.
Über den Keschtnweg und wiederum bei Erdpyramiden im Gasterergraben vorbei erreichte ich gegen die Mittagszeit Unterinn, wo ich eine warme Mahlzeit eingenommen habe.
Bei Signat bin ich dann über St. Justina abgestiegen nach Rentsch (hier erreicht die Kaiserstraße den Talboden) und weitergegangen zum Bozner Zugbahnhof, bin dort um 15.00 Uhr angekommen und eine Stunde später mit dem Zug abgefahren nach Olang.

Was ich unbedingt anmerken muß ist, dass ich auf dem Pilgerweg von Brixen nach Bozen kein einziges Jakobsschild (Muschel oder auch andere Hinweisschilder) gesehen habe, dafür aber eine übertriebene Beschilderung des Keschtnweges.

Unter der Herrschaft der Habsburger blühte BOZEN vor allem als Handelsstadt auf und erlangte große Bedeutung als Messestadt, die sie bis heute inne hat.
Durch die Bombenangriffe im Jahre 1944 wurde die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt - seit 1964 bischöflicher Dom - zu 60% zerstört, sie wurde aber großteils mit den noch erhaltenen Originalbestandteilen wieder aufgebaut.
Im Jahre 1221 gründeten die Franziskaner eine Niederlassung in Bozen, die erste im deutschen Sprachraum. Aber auch der Franziskanerkirche setzten die Bomben arg zu.
Der Predigerorden der Dominikaner ließ sich in Bozen nieder. Die "Deutschhauskirche" (ein Juwel der Gotik, eigentlich die schönste Kirche der Stadt) und die Herz-Jesu-Kirche sind ebenfalls in der Altstadt erbaut worden, unweit voneinander entfernt.

Gehzeit: 5 1/2 St. (ca. 23 km)



Mi, 18.05.11: Sigmundskron - Kurtinig
Um 6.15 Uhr bin ich in Olang mit dem Zug losgefahren, in Franzensfeste umgestiegen und habe um 8.20 Uhr Sigmundskron erreicht.
Über Schloss Sigmundskron (dieses Schloss wurde nach der Trennung Südtirols von Österreich Symbol der Südtiroler Identität), den Starklhof, die Ortschaft Girlan habe ich die Wallfahrtskirche Maria Rast in St. Michael/Eppan erreicht und nach dem Besuch und Gebet in der Kirche habe ich eine Kerze angezündet und eine kurze Rast eingelegt. In der Wallfahrtskirche wird seit Jahrhunderten ein Gnadenbild der Mutter Gottes verehrt.      
Weiter ging es über Kaltern mit kurzem Anstieg auf dem "Paul-Troger-Weg" Nr. 4 zur Heiligkreuzkirche am Kalvarienberg, die leider versperrt war.
Ich setzte den Pilgerweg fort über die wunderschöne Seeuferstraße zum Kalterer See und St. Josef am See. Wenn wir heute von Kaltern hören oder lesen, denken wir natürlich immer an Wein oder den See. Auch die Weingeschichte Kalterns reicht weit in die Vergangenheit zurück.

Vogelgesang begleitete mich und der Weg durchquerte endlose Obst- und Weinfelder und zahlreiche dazugehörige Ansitze und Schlösser prägen die Ortsbilder (hauptsächlich von Eppan) des schon seit der Römerzeit besiedelten und klimatisch so begünstigten Plateaus. Reife Kirschen waren auch schon zu sehen und Eidechsen sonnten sich an den Wegrändern.

Über einen kurzen Anstieg erreichte ich die Jakobskirche von Kastelaz am Burghügel, ein romanischer Bau aus dem 12. Jahrhundert. Für den Eintritt in diese Kirche wird auf einem Schild an der Eingangstür auf einen Spesenbeitrag von € 2,00 hingewiesen.
Weiter ging der Fußmarsch über den Kastelazweg oberhalb Tramin nach Kurtatsch und über den Weinlehrpfad nach Entiklar. Auch hier finden wir die Ansitze und Schlösser inmitten der Weinberge und Obstgärten.
Über den "Margreider Leitenweg" erreichte ich Margreid, das letzte Weindorf im Überetsch. Es wird auch das "Dorf der Torbögen" genannt, weil dort so viele aus den verschiedenen Stilepochen anzutreffen sind.
Die letzten 2 km des Pilgerweges nach Kurtinig (ital. Cortina) wanderte ich auf der Straße; ansonsten war der Weg bis hierher ziemlich abwechslungsreich und angenehm zum Gehen. Da die Sonne um die Mittagszeit mir ziemlich zu schaffen machte, habe ich auch einen Umweg in Kauf genommen und bin über einen schattigen Waldweg gewandert.
In Kurtinig bin ich um 19.15 Uhr angekommen und habe im Landhotel "Teutschhaus" - www.teutschhaus.it - zu Abend gegessen und auch übernachtet.
Dieses Dorf ist die letzte deutschsprachige Gemeinde am rechten Etschufer. Die Kirche ist dem Hl. Martin geweiht.

Auf dem Weg von Sigmundskron bis hierher ist mir, neben den Gebeten und Besinnungen, immer wieder das Lied "Wohl ist die Welt so groß und weit", besonders der Auszug "Von Sigmundskron der Etsch entlang bis zur Salurner Klaus" eingefallen und habe es auch ab und zu gesungen. Wenn man 11 Stunden unterwegs ist hat man ja Zeit!!

Gehzeit: 9 1/2 St. (ca. 36 km, Schritte 48.500)


Do, 19.05.11: Kurtinig - Salurn
Nach dem Frühstück um 7.30 Uhr bin ich in Kurtinig gestartet und da nur mehr 1 Etappe bis Salurn anstand und ich durch eine Fußverletzung etwas gehandikapt war, bin ich zuerst zu einem kurzen Gebet in die Kirche zum Hl. Martin gegangen und dann gemütlichen Schrittes am Damm entlang bis Salurn gepilgert.
Hier, an der Sprachgrenze und der so geschichtsträchtigen Engstelle des Etschtales, ist die Pilgerreise des Abschnittes Mühlbach - Bozen - Salurn zu Ende.
Hier endet also der Südtiroler Jakobsweg im Süden und ich bin auch auf diesem von Peter Lindenthal beschriebenen Weg immer alleine unterwegs gewesen, habe in allerlei Anliegen gebetet, meditiert und auch gesungen, wohltuend für Leib, Geist und Seele.

Der nächste und letzte Teil des Jakobsweges in Südtirol von Bozen nach Meran, in den Vinschgau und nach Müstair in die Schweiz werde ich heuer zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff nehmen.

In Salurn habe ich um 10.00 Uhr den Zug nach Auer bestiegen und habe mich dort mit meinem Freund und früheren Schulkollegen Bruno getroffen und bei einigen Gläschen Wein - wenn man schon durch dieses wunderbare Südtiroler Weingebiet wandert, ist es auch angebracht, diese Pilgerwanderung entsprechend abzuschließen - über frühere gemeinsame Zeiten geplaudert. Seine Frau Marlene hat mich zum Mittagessen eingeladen (nochmals herzlichen Dank dafür) und am späteren Nachmittag bin ich dann mit dem Zug wieder nach Olang zurückgekehrt, nachdem am Abend eine Gesangsprobe anstand.

Gehzeit: 1 St. (ca. 4 km)

Auf dem Teil des Jakobsweges MÜHLBACH - SALURN bin ich 28 Stunden unterwegs gewesen und habe 107 km zurückgelegt.